Mittwoch, 7. Mai, 20.00 Uhr / Großer Saal


Andrei Plesu: Das Schweigen der Engel. Roman


Die Engel sind lebendig, frei und vollkommen abhängig von dem Prinzip, das sie geschaffen hat. Die Engel sind die Diener Gottes, Seine Werkzeuge, Seine Ideen. Und man vermag nichts von dem, was ist, wirklich zu erkennen, wenn man keinen Zugang hat zu seinem Engelsregister, wenn man also keinen Bezug hat zu seiner höheren Vernunft, zum göttlichen Gedanken, der es begründet hat und es rechtfertigt. Die Engel der Dinge zu kennen bedeutet, um ihren Sinn in der Ökonomie der Schöpfung, um ihre Stellung im Metabolismus der Vorsehung zu wissen.

                                                                    Andrei Plesu

Andrei Plesu, Philosoph und Kunsthistoriker, nach dem Sturz der Ceaucescu-Diktatur rumänischer Kulturminister und danach Außenminister, zur Zeit Direktor des New Europe College (der Partnerinstitution des Berliner Wissenschaftskollegs) in Bukarest, hat ein Buch über Engel geschrieben, das auch anregen kann, über den Menschen in dessen scheinbar aufgeklärter Kultur nachzudenken. Mit Andrei Plesu sprechen Otto Kallscheuer (»Die Wissenschaft vom lieben Gott«, 2006) und Pater Klaus Mertes (Rektor des Canisius Kollegs) über dessen Buch »Das Schweigen der Engel« (Berlin University Press).

Zusammen mit dem Verein der Freunde und Förderer des Literaturhauses Berlin

 

Donnerstag, 8. Mai, 19.00 Uhr / Großer Saal


Lesung und Podiumsdiskussion zum Jahrestag der Bücherverbrennung


Unruhig sitzen wir so, möglichst nahe der Grenzen / wartend des Tags der Rückkehr

                                                                    Bertolt Brecht

Anläßlich des 75. Jahrestages der Bücherverbrennung lädt Villa Aurora Forum Berlin in diesem Jahr drei Schriftsteller ein, die aus politischen Gründen ihr Heimatland verlassen mußten: Zeynel Kizilyaprak (Türkei), Amir Valle (Kuba) und Bashana Abeywardane (Sri Lanka). Moderation: Tanja Dückers. Die deutschen Texte liest Friedhelm Ptok.

Zusammen mit der Atlantik-Brücke e.V., dem Heinrich Böll-Haus Langenbroich e.V. und der Heinrich Böll-Stiftung

 

Freitag, 16. Mai, 20.00 Uhr / Großer Saal


Ausstellung »Tripp & Tripp«


Bilder über 40 Jahre hinweg. Franz Josef Tripp & Jan Peter Tripp
»Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« von Michael Ende oder »Der Räuber Hotzenplotz« und »Das kleine Gespenst« von Otfried Preußler zählen zu den meistgelesenen Kinderbüchern. Wie die Texte sind auch die Illustrationen der Werke längst zu Klassikern geworden. Die Originale dieser Zeichnungen von Franz Josef Tripp werden ausgestellt. Wir zeigen aber auch die für diese Ausstellung entstandenen großformatigen Kohlezeichnungen von Jan Peter Tripp; sie sind eine Hommage an die ebenso einfühlsam wie humorvoll gezeichneten Illustrationen des Vaters beziehungsweise an die von ihm erschaffenen Figuren, die noch immer Alt und Jung faszinieren.

Franz Josef Tripp (1915–1978) arbeitete zunächst als Journalist und Schriftsteller und begann kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, seine Texte selbst zu illustrieren. 1960 erhielt er von dem Stuttgarter Thienemann Verlag den Auftrag, Zeichnungen für »Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« von Michael Ende anzufertigen. Es war der Beginn einer großen Karriere als Illustrator von Kinderbüchern. Sein Sohn Jan Peter Tripp, geboren 1945, studierte an der Akademie in Stuttgart und war von 1970 bis 1972 Meisterschüler bei Rudolf Hausner in Wien. Er ist bekannt durch seine Porträts von Dichtern, Politikern und Wirtschaftsmagnaten. Jan Peter Tripp lebt im Elsaß.

Zur Eröffnung liest Jan Peter Tripp seinen Text »Querfeldein – auf der Suche nach Jupp«, der zur Eröffnung der ersten Ausstellung im Literaturhaus Stuttgart im September 2006 (Verlag Ulrich Keicher) erschienen ist.

Die Ausstellung kann vor und nach den Abendveranstaltungen des Literaturhauses sowie auf Anfrage während der Büroöffnungszeiten (Mo.-Fr. 10-17 Uhr) besichtigt werden.

 

Mittwoch, 21. Mai, 20.00 Uhr / Großer Saal


Henryk Bereska zu ehren


Erst wenn einem bei dem Wort Zelle nur Organisches einfällt, ist das goldene Zeitalter angebrochen.

                                                                 Henryk Bereska

Henryk Bereska, geboren 1926 in Katowitz, gestorben 2005 in Berlin, war Redakteur des Aufbau Verlags, bis er 1955 aus politischen Gründen entlassen wurde. Fortan lebte er in Berlin und im märkischen Kolberg und übersetzte die polnischen Schriftsteller J. Andrzejewski, T. Borowski, T. Rosewicz, S. I. Witkiewicz, A. Zagajewski und C. Milosz. Henryk Bereska gehörte zu den Unterzeichnern gegen die Ausbürgerung Biermanns. Für seine Verdienste um die polnische Literatur in Deutschland erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.

Joachim Walther stellt den von Ines Geipel edierten Band mit Tagebüchern von Henryk Bereska »Kolberger Hefte« (Die verschwiegene Bibliothek in der Edition Büchergilde) vor.
Brigitta Helbig-Mischewski (Berlin) und Gabriela Matuszek (Krakau) sprechen über das deutsch-polnische Gedenkbuch für Henryk Bereska »Fährmann grenzenlos. Deutsche und Polen im heutigen Europa« (Olms Verlag). Weitere Teilnehmer: Hans Dieter Zimmermann, Olav Münzberg sowie Schauspieler der deutsch-polnischen Studiobühne Berlin

Zusammen mit dem Teatr Studio Salzufer Berlin

 

Donnerstag, 22. Mai, 20.00 Uhr / Großer Saal


Christian Linder: Der Bahnhof von Finnentrop
Eine Reise ins Carl Schmitt Land.


Wie kommt es, daß in mancher Hinsicht der Schmittsche Diskurs gerade dort, wo er vom wildesten Konservierungsdrang beseelt ist, zahlreiche Verwandtschaften mit den scheinbar revolutionärsten Bewegungen jener Zeit erkennen läßt, von Lenin bis Mao? Wer könnte ihr gemeinsamer Feind gewesen sein? Und wie soll man sich das Interesse erklären, das eine bestimmte extreme Linke, in mehr als einem Land, Schmitt entgegenbrachte? Wie soll man sich diesen trotz zahlloser Fehden immer noch lebendigen Einfluß erklären?

                                                                 Jacques Derrida

Christian Linder, Essayist und Literaturkritiker, veröffentlichte in diesem Frühjahr einen großen Essay über Carl Schmitt »Der Bahnhof von Finnentrop. Eine Reise ins Carl Schmitt Land« (Matthes & Seitz Berlin), in dem er das Lebens-, Denk- und Schreibzentrum des wegen seiner Nähe zu den Nationalsozialisten nach 1945 lange tabuisierten Denkers vorstellt und kritisch beschreibt. Hanns Zischler und Jürgen Busche sprechen über dieses Buch.

 

Freitag, 23. Mai, 20.00 Uhr / Großer Saal


Erich Hackl: Als ob ein Engel. Erzählung nach dem Leben


Im April 1977 verschwindet in Mendoza, Argentinien, die 22jährige Studentin Gisela Tenenbaum spurlos. Ihre Eltern sind Helga Markstein und Willi Tenenbaum, jüdische Emigranten aus Wien, denen 1939 die Flucht nach Lateinamerika gelungen war. Sie hatten sich in Buenos Aires kennengelernt und 1951 geheiratet. Ihre Tochter Gisela ist 1955 geboren worden.

Der österreichische Autor Erich Hackl, geboren 1954 in Steyr, erzählt die Lebensgeschichte der Gisela Tenenbaum aufgrund von Gesprächen mit Familienmitgliedern, Freunden und Montaneros, jener Widerstandsgruppe, der sich die Studentin angeschlossen hatte. Ein Schicksal von zehntausenden Oppositionellen, die während der Militärdiktatur in Argentinien verschwunden sind oder ermordet wurden. Erich Hackl liest aus seinem Buch »Als ob ein Engel. Erzählung nach dem Leben«; Einführung und Gespräch: Klemens Renoldner.

Zusammen mit dem Österreichischen Kulturforum Berlin

 

Samstag, 24. Mai, 14.00 Uhr / Charlottenburg & Literaturhaus


Literarischer Spaziergang & Film Leben


Auf den Spuren von Mascha Kaléko spaziert Jutta Rosenkranz (die eine Biographie über Mascha Kaléko geschrieben und eine Ausstellung über sie realisiert hat) rund um den Savignyplatz und zur Bleibtreustraße. Anschließend: »Zur Heimat erkor ich mir die Liebe«, Filmportrait über Mascha Kaléko von Peter Bermbach und Horst Krüger (ZDF 1985; 45 min). Nur mit Anmeldung: literaturhaus@berlin.de oder Tel.: 887 28 60 (max. 20 Teilnehmer; 8,- / 5,- Euro)

 

Sonntag, 25. Mai, 11.00 Uhr / Großer Saal


Sayed Kashua: Tanzende Araber


Das Letzte, was ich hörte, war, wie mein Vater zu seinem Freund etwas über die jüdische Hure sagte. Wie ich ihn in diesem Moment haßte. Und die Sozialpädagogin haßte ich noch mehr. Sie wollte, daß ich aufhörte, Noemi zu lieben, zumindest sollte ich versuchen, Salva zu lieben. Schließlich gab es ein arabisches Mädchen im Internat, ein schönes und kluges Mädchen, sagte die Beraterin die ganze Zeit.

                                                                 Sayed Kashua

 

Sayed Kashua, geboren 1975, lebt mit seiner Familie im palästinensischen Teil des Dorfes Beit Safafa bei Jerusalem. Er ist Filmkritiker und Schriftsteller. In seinem Roman »Tanzende Araber« erzählt er ironisch und mit viel Humor von der schmerzhaften Erfahrung einer gescheiterten Assimilation. Der Held des Romans, ein palästinensischer Israeli, wird in ein jüdisches Internat gesteckt, in dem er der einzige Araber unter lauter jüdischen Kindern ist, was dazu führt, daß er sich anschließend weder in der arabischen noch in der jüdischen Welt heimisch fühlt.
Sayed Kashua liest aus »Tanzende Araber«. Den deutschen Text liest Jan Josef Liefers. Moderation: Sylke Tempel

Zusammen mit der Jüdischen Volkshochschule Berlin

 

Mittwoch, 28. Mai, 20.00 Uhr / Großer Saal


100 Jahre jüdische Denker – Berliner Gespräche
Hans Jonas (1903, Mönchengladbach – 1993, New York)


Die Kulturphilosophin und Rabbinerin Eveline Goodman-Thau (Jerusalem) spricht mit dem Literaturwissenschaftler und Historiker Christian Wiese (Professor für Jüdische Geschichte an der Universität Sussex) über den Philosophen Hans Jonas, dessen ethisches Hauptwerk »Das Prinzip Verantwortung« 1979 erschienen ist. An Kant anknüpfend, hatte er darin einen neuen ethischen Imperativ formuliert: »Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden«.

Christian Wiese veröffentlichte u. a. 2003 den Band »Hans Jonas. Zusammen Philosoph und Jude« (Jüdischer Verlag).

 

Donnerstag, 29. Mai, 20.00 Uhr / Großer Saal


Jan Philipp Reemtsma: Vertrauen und Gewalt.
Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne


Der Mensch ist, um das bekannte Wort abzuwandeln, das Ensemble seiner historischen Zustände – der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen. Er ist immer auch das, was man zuvor nicht für möglich gehalten hätte – im Bösen wie im Guten, wobei die Bewertungsmaßstäbe sich bekanntlich ändern. Was hindert uns, den vergangenen Lektionen einfach eine weitere hinzuzufügen? … Das Auseinandertreten der Einsicht, daß unsere Moderne anders ist, als wir annahmen, und unser gleichwohl fortdauerndes Vertrauen in diese Moderne ist das Thema dieses Buches.

                                                              Jan Philipp Reemtsma

Rätselhaft, so Jan Philipp Reemtsma in seinem Großessay über »Vertrauen und Gewalt« (Hamburger Edition), ist nicht die Katastrophe – Nationalsozialismus und Holocaust -, sondern ihre Integrierbarkeit, »wir verrätseln die Katastrophe, um uns unsere Normalität nicht als permanente Irritation zumuten zu müssen«. Er untersucht die unterschiedlichen Ausprägungsweisen von Gewalt in der Moderne und konfrontiert sie mit deren Selbstbild, um zu fragen, welche Kräfte daran wirken, in sozial differenzierten Gesellschaften nie »das Ganze« mit seiner Neigung zu ausschließender Gewalt ins Spiel zu bringen.

Jan Philipp Reemtsma stellt sein Buch vor und spricht mit dem Literaturkritiker Lothar Müller.

 

 

 

 

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